Leibhaftige Kommunikation III: die Bedeutung neurowissenschaftlicher Forschung für einen Vertrauensaufbau im Unterricht - Unterrichtsmaterial online bei Elixier

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Dieser Fachartikel thematisiert leibhaftiges Kommunizieren als Ursprung und Voraussetzung unserer Kommunikation und damit auch des Unterrichtens. Der Beitrag enthält Hintergrundinformationen zum Thema, die im Schulalltag und im Unterricht eine Rolle spielen, und geht darauf ein, wie ein Vertrauensaufbau im Unterricht gelingen kann. Dabei geht es auch darum, welche Bedeutung die neurowissenschaftliche Forschung in diesem Zusammenhang spielt.

Anbieter:

Lehrer-Online | Eduversum GmbH, Taunusstr. 52, 65183 Wiesbaden

Autor:

Dr. Dirk Kutting

Lange Beschreibung:

In diesem Fachartikel geht es darum, wie Vertrauen im Unterricht zwischen Lehrkäften und Lernenden sowie den Schülerinnen und Schülern untereinander aufgebaut werden kann. Welche Bedeutung spielt die neurowissenschaftliche Forschung in diesem Zusammenhang, welche Aspekte spielen für den Vertrauensaufbau eine Rolle? Dieser Artikel enthält Hintergrundinformationen und eignet sich als Ergänzung zu den Arbeitsmaterialien "Feedback geben und empfangen" , "Rituale im Schulalltag: Begrüßung und Unterrichtsstart" sowie der Unterrichtseinheit <link unterricht sekundarstufen faecheruebergreifend unterrichtseinheit ue methoden-training-angstfrei-vortragen internal-link>"Methoden-Training 'Angstfrei vortragen'". In diesen Materialien geht es um die Umsetzung im Schulalltag mit praktischen Tipps . In der Reihe außerdem erschienen ist <link unterricht sekundarstufen faecheruebergreifend artikel fa leibhaftige-kommunikation-i-warum-wir-kooperieren internal-link>"Leibhaftige Kommunikation I: Warum wir kooperieren" sowie "Leibhaftige Kommunikation II: spielerische Ahmung und die Folgen für den Unterricht" . Sowohl die Evolutionsbiologie ("geteilte Intentionalität") als auch die Phänomenologie ("Ahmung") hat gezeigt, dass unsere Kommunikation leibhaft situiert ist. Die neurowissenschaftliche Forschung hat bekannterweise mit dem Konzept der Spiegelneuronen ihrerseits aufgezeigt, wie Kommunikation hirnphysiologisch verankert ist und wie die Fragen zu beantworten sind: "Was löst mein Handeln im Gehirn und im Körper von anderen Menschen aus? Wie wirken wir auf andere?" (vgl. Hütter und Lang 2017: 108 ff.) Was sind Spiegelneuronen und was machen sie mit uns? Hier waren die Forschungen von Giacomo Rizzolati in den 1990er Jahren richtungsweisend. Sein Team machte die Feststellung, dass bei Affen das Gehirn dieselben Signale sendete, wenn sie selbst nach Futter griffen und wenn sie sahen, dass jemand anderes nach Futter griff. Folglich feuern unsere Nervenzellen nicht nur, wenn wir selbst eine bestimmte Handlung vollziehen, sondern auch wenn wir jemand anderen sehen, der diese Handlung vollzieht. Dies zeigt, dass "die Interaktionsmöglichkeiten mit bestimmten Objekten in prämotorischen Programmen gespeichert sind und dass schon die Beobachtung einer entsprechenden objektspezifischen Interaktion sozusagen zu einer Spiegelung der äußeren Handlung in die eigenen handlungsvorbereitenden Strukturen des Gehirns führt. Diesem Umstand verdanken die Neuronen, die diese Spiegelung ermöglichen, den Namen ' Spiegelneuronen '." (Hütter und Lang 2017: 109) Allerdings wurde diese neuronale Aktivität zunächst nur bei Affen nachgewiesen, bis dies 2010 auch bei Menschen gelang. Dennoch gibt es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die vom Mythos der Spiegelneuronen sprechen (Hütter und Lang 2017: 110). Jedoch geht es bei "der Aktivierung von Spiegelneuronen nicht primär um ein 'Verstehen' im kognitiven Sinne, sondern um eine intuitive Aktivierung von möglichen Handlungsprogrammen in Bezug auf ein Objekt oder Lebewesen. [...] Auf diese Weise wirkt auch die Beobachtung emotionaler Regungen und der entsprechenden Körperreaktionen anderer über die Spiegelneuronen auf unseren eigenen körperlichen und emotionalen Zustand zurück." (Hütter und Lang 2017: 110f.) Die Technik des Spiegelns Konkret gesagt, es macht etwas mit den Schülerinnen und Schülern , wenn wir uns ihnen zu- statt abwenden, wenn unsere Körperachse zu den Beobachtenden hingedreht ist oder weg von ihnen, wenn wir sie freundlich statt angewidert anblicken. Wenn wir das einfühlende Spiegeln trainieren, verbessern wir auch die Fähigkeit, uns anderen mitzuteilen, weil wir anders wahrgenommen werden. Das wusste auch schon der Psychotherapeut Carl Rogers, der die Technik des Spiegelns im Gespräch einsetzte und dies als aktives Zuhören bezeichnete. Wenn eine Schülerin oder ein Schüler zum Beispiel von der kranken Mutter erzählt, fühlt sie/er sich vermutlich eher angenommen, wenn die Lehrperson (ihre/seine vermuteten Gefühle spiegelt und) daraufhin sagt: "Du machst dir sicher große Sorgen!", als wenn zuerst die (sachbezogene) Frage gestellt wird: "Was hat sie denn?" Das Spiegeln, sowohl sprachlich als auch nonverbal, schafft emotionale Resonanz und bereitet eine kooperative Stimmung vor. Diese Art von Resonanz nennt man auch Synchronisierungseffekt, da sie die soziale Interaktion verbessert. Wie auch die " geteilte Intentionalität " und die " Ahmung " rückt die Spiegelneuronenforschung ebenfalls das Imitationslernen von sozial nahestehenden Vorbildern in den Vordergrund und solche sollten wir Lehrerinnen und Lehrer doch sein. Und zum Vorbild wird man vermutlich, wenn man vorlebt, was man sagt kurz: wenn man ehrlich und authentisch ist. "Wir" und "die anderen" "Der Großteil des Verhaltens, das die sogenannte 'Gruppendynamik' ausmacht, hängt davon ab, ob wir die Menschen in unserer Umgebung als Freunde oder Feinde wahrnehmen. Belohnung und Bedrohung [...] bestimmen unser Verhalten in Gesellschaft anderer Menschen. Wir fällen augenblicklich ein Urteil über jede Person, der wir begegnen und mit der wir arbeiten. Alle Menschen werden im Grunde zwei Lagern zugeordnet: Sie gehören zu 'uns' oder zu 'den anderen'." (Fabritius und Hagemann 2021: 228) Wie schaffen wir es, Vertrauen zu schaffen, damit wir als Lehrerinnen und Lehrer zu "uns" gehören? Vertrauen aufbauen Im Folgenden werden einige Punkte auf den Unterricht angewendet, die Fabritius und Hagemann auflisten (vgl. Fabritius und Hagemann 2021: 231239). Vertrauensbildende Maßnahmen : Man kann die Schülerinnen und Schüler so behandeln, dass sie das Gefühl haben, Wertschätzung zu genießen und wichtig für die Klasse zu sein. Oder man behandelt sie so, dass sie sich minderwertig und unbedeutend fühlen. Schlicht und einfach: Menschen wollen das Gefühl haben, wichtig zu sein. Ungewissheit erweckt unseren Selbsterhaltungstrieb und treibt einen Keil in die Klassengemeinschaft. Gewissheit dagegen schafft Vertrauen . Wenn sowohl unser Verhalten als auch das Unterrichtsgeschehen transparent sind, fühlen sich die Schülerinnen und Schüler sicher. Sie haben das Gefühl, die Situation unter Kontrolle zu haben und müssen dementsprechend nicht außer Kontrolle geraten. Autonomie ist der beste Schutz vor Stress. Das heißt, je mehr die Schülerinnen und Schüler das Gefühl haben, "Herr ihres Schicksals" zu sein, desto eher übernehmen sie selbst Verantwortung (selbst Ziele, Mittel und Lösungen finden, einen eigenen Arbeitsstil wählen, selbst vereinbarte Ziele in einer vereinbarten Zeit erreichen). Zurückweisung einzelner Schülerinnen und Schüler aus der Klasse erzeugt Schmerz bei allen. Die Beobachtung einer Beschämung erzeugt Scham. Die Wahrnehmung von Leid verursacht Trauer. All das kann evolutionsbiologisch erklärt werden: Der Ausschluss aus der Gruppe war in prähistorischer Zeit ein Todesurteil. Um die Klasse zu festigen, braucht es stabile Bindungen und gute Beziehungen . Das heißt nicht, dass alle Freunde sein müssen eine gute Arbeitsgemeinschaft ist eventuell sogar besser und leichter zu organisieren. Auch auf Unfairness reagiert unser Gehirn mit Kampf- und Fluchtreaktionen. Es geht beim Miteinander um mehr als nur gerechte Noten (darum geht es natürlich auch), aber ein fairer Umgang , der die Gemeinschaft zufriedenstellt, ist nicht mit Gold aufzuwiegen. Fazit Die Mitteilung an die Lerngruppe soll lauten: Der Beitrag einer jeden Schülerin und eines jeden Schülers wird geschätzt und ist wichtig für das Gelingen des Ganzen . Auf diese Weise wird das gegenseitige Vertrauen gefestigt, was für ein positives Klassenklima und einen reibungslosen Unterrichtsablauf beinahe unerlässlich ist. Literaturverzeichnis Hütter, Franz und Sandra Mareike Lang (2017). Neurodidaktik für Trainer. Bonn: managerseminare. Fabritius, Friederike und Hans Werner Hagemann (2021). Neurohacks. Gehirngerecht und glücklicher arbeiten. Frankfurt/New York: Campus. Weiterführende Literatur Kutting, Dirk (2021). Bühne frei. Ein Auftrittscoaching für Leib und Seele. Göttingen: V&R.

Bildungsebene:

Berufliche Bildung Erwachsenenbildung Fort- und Weiterbildung Sekundarstufe I Sekundarstufe II Spezieller Förderbedarf

Frei zugänglich:

nein

Kostenpflichtig:

ja

Lernressourcentyp:

Arbeitsmaterial

Lizenz:

Frei nutzbares Material

Sprache:

Deutsch

Themenbereich:

Schule fachunabhängige Bildungsthemen sonstige fachunabhängige Bildungsthemen
Berufliche Bildung Berufliche Bildung allgemein Berufswahl, Berufsvorbereitung, Berufsberatung

Geeignet für:

Lehrer