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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 09.02.2023:

„Eine Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung lässt sich nur durch die Qualifizierung des Berufsbildungspersonals umsetzen.“

Förderprogramm zur BBNE-Kompetenzstärkung des ausbildenden Personals
Das Bild zum Artikel
Bildrechte: Moritz Ansmann

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) stärkt mit dem ESF Plus kofinanzierten Förderprogramm „Nachhaltig im Beruf - zukunftsorientiert ausbilden“ (NIB) die Umsetzung einer nachhaltigkeitsorientierten Berufsbildung in Betrieben sowie außer- und überbetrieblichen Berufsbildungsstätten. Angesiedelt ist das Förderprogramm im Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Die Online-Redaktion von „Bildung + Innovation“ sprach mit Moritz Ansmann, Leiter der Vernetzungsstelle im Programm NIB, über die Bedeutung einer nachhaltigkeitsorientierten Berufsbildung und die Ziele des Förderprogramms.


Online-Redaktion: Was ist eine Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung (BBNE)?

Ansmann: Im Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung des UNESCO-Weltaktionsprogramms Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) wurde 2017 festgelegt, BNE in allen Bildungsbereichen zu verankern, auch bzw. gerade in der Berufsbildung. Denn für den nachhaltigen Wandel und die sozial-ökologische Transformation werden qualifizierte Fachkräfte benötigt, die die Auswirkungen ihres Handelns im Beruf auf die Lebensbedingungen zukünftiger Generationen und auch zum Beispiel im globalen Süden absehen können. Eine Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung trägt dazu bei, Kompetenzen zu fördern, mit denen die Arbeitswelt und die private Lebenswelt nachhaltig gestaltet werden können - und zwar in allen Berufen, denn alle Berufe haben das Potenzial dazu, nicht nur die so genannten „Grünen Berufe“.

Online-Redaktion: Sind die nachhaltigkeitsbezogenen Kompetenzen schon für alle Berufe definiert?

Ansmann: Seit 2021 gelten modernisierte Standardberufsbildpositionen in allen neugeordneten Ausbildungsberufen und für die übrigen Berufe haben sie Empfehlungscharakter. Die Ausbildungsordnungen enthalten damit jetzt auch verbindliche Mindestanforderungen für den Bereich „Umweltschutz und Nachhaltigkeit“, so dass Auszubildende (Azubis) künftig innerhalb ihrer Ausbildung dazu Kompetenzen erwerben müssen, die sie als angehende Fachkräfte benötigen. Die Vorgaben sind allerdings sehr allgemein verfasst. Wir erarbeiten zurzeit, was Umweltschutz und Nachhaltigkeit für die einzelnen Berufe bedeuten und welche Kompetenzen damit verbunden sind. Bis wir dies für alle Berufe erreicht haben, liegt aber noch ein Stück Arbeit vor uns.

Online-Redaktion: Welche Aktivitäten gab es in den vergangenen Jahren im Bereich der BBNE?

Ansmann: Wir begleiten den Bereich der Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung im BIBB seit Anfang der 2000er Jahre, vor allem über Modellversuche. Das sind Projekte, an denen Wissenschaft und Praxis - Hochschulen und Branchenverbände bzw. Betriebe - gleichermaßen beteiligt sind. Sie haben gemeinsam schon viele wissenschaftlich fundierte und praktisch einsetzbare Innovationen und Lösungen zum Thema berufsbildungsnahe Entwicklung entwickelt und erprobt. Als das Thema noch nicht so bekannt war, ging es dabei zunächst darum, die Geschäftsführung, die Ausbilder*innen und die Auszubildenden für die Wichtigkeit und Dringlichkeit des Themas zu gewinnen. Das hat sich geändert. Nachhaltigkeit ist ins öffentliche Bewusstsein gerückt, die jungen Leute heute braucht man nicht mehr von ihrer Notwendigkeit zu überzeugen. Heute stehen vielmehr die Kompetenzen und ihre Förderung in den verschiedenen Branchen im Blickpunkt, zuletzt in den kaufmännischen Berufen sowie in der Lebensmittelbranche. Es wurden auch bereits viele Lehr- und Lernmaterialien, Konzepte und Curricula für die Aus(zu)bildenden entwickelt, damit sie im Beruf Entscheidungen im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung, die ökonomisch, ökologisch und sozial verantwortlich ist, treffen können.

Online-Redaktion:
Welche Rolle kommt dem ausbildenden Personal in der BBNE zu?

Ansmann: Eine entscheidende Schlüsselrolle, deshalb stehen die Ausbildenden im neuen Förderprogramm auch im Fokus. Das Thema „Nachhaltigkeit“ ist sehr abstrakt und muss für die Auszubildenden konkret erfahrbar gemacht werden. Für die Vermittlung nachhaltigkeitsbezogener Kompetenzen müssen die Ausbildenden sensibilisiert, motiviert und qualifiziert werden. Sie gestalten die Lernsituationen mit den Azubis, entscheiden, ob sie einen Ausbildungsinhalt mit der Frage einer nachhaltigen Entwicklung verbinden - oder eben nicht. Die Ausbilder*innen für das Thema „Nachhaltigkeit und Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung“ zu gewinnen ist enorm wichtig, wenn man es dauerhaft in der Ausbildung verankern will. Sie agieren als „Change Agents“ für einen nachhaltigen Wandel in Betrieben und Berufen. Dafür müssen sie geschult werden. Eine Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung lässt sich nur durch die Qualifizierung des Berufsbildungspersonals umsetzen.

Online-Redaktion: Was sind die Ziele des neuen Förderprogramms „Nachhaltig im Beruf - zukunftsorientiert ausbilden“ (NIB)?

Ansmann: Mit dem Programm „Nachhaltig im Beruf“ werden Projekte zur Durchführung, Verbreitung sowie Verankerung von Weiterbildungsangeboten für berufsausbildendes Personal gefördert. Wir wollen Einrichtungen der beruflichen Weiterbildung dabei unterstützen, Angebote, mit denen das ausbildende Personal geschult wird, am Markt zu platzieren. D.h., wir fördern zum Beispiel die Durchführung von Dozent*innenschulungen zum Thema „Weiterbildung“ oder Marketingvertriebsmaßnahmen für Kurse, die sich an Ausbilder*innen richten. Da die Ausbilder*innen alleine im Betrieb nicht viel bewegen können, wollen wir aber auch Entscheidungsträger*innen in den Betrieben für das Thema „Nachhaltigkeit“ sensibilisieren sowie Verantwortliche, die z.B. an der Erstellung von Prüfungsaufgaben mitwirken.

Online-Redaktion: Baut das Förderprogramm auf den vorherigen Modellversuchen auf?

Ansmann: Wir haben in den bisherigen Modellversuchen viel Wissen darüber, wie man das Thema „Nachhaltigkeit“ in die Ausbildung integriert, aufgebaut und Materialien dazu erarbeitet. Das Wissen über BBNE wollen wir jetzt mit dem neuen, weitaus umfangreicheren Förderprogramm aufgreifen und flächendeckend in den Betrieben und überbetrieblichen Ausbildungsstätten durch die Kompetenzstärkung des ausbildenden Personals verankern. Ziel ist eine überregionale Verbreitung und dauerhafte Verankerung von BBNE. Heute, wo in vielen Branchen Fachkräftemangel herrscht, haben es die Betriebe auch leichter, Auszubildende für sich zu gewinnen, für die Nachhaltigkeit einen wichtigen Stellenwert hat und die nachhaltigkeitsbezogene Inhalte vermitteln.

Online-Redaktion: Projektskizzen können ab sofort bis spätestens 17. April 2023 eingereicht werden. Welche Projektvorhaben und Einrichtungen werden mit der Förderrichtlinie gefördert?

Ansmann: Wir fördern Projekte, die BBNE-Weiterbildungsangebote, Qualifizierungsangebote für das ausbildende Personal, aber auch für das Weiterbildungspersonal in Einrichtungen der beruflichen Weiterbildung schaffen. Uns ist wichtig, dass die Projekte, die wir fördern, nicht nur einmalige Angebote darstellen, sondern Angebote dauerhaft ins Kursportfolio überführt werden. Mit der Förderung adressieren wir insbesondere die Kammern, Einrichtungen der beruflichen Weiterbildungen, d.h. die Bildungsträger, Verbände, Wirtschaftsförderungen, Kommunen, Hochschulen, Vereine und Ausbildungsbetriebe. Sie können einzeln einen Antrag stellen oder aber sie kooperieren in einem schlagkräftigen Verbund miteinander. Dabei sind alle Berufe und Branchen willkommen, wir begrüßen aber insbesondere Branchen, die für die nachhaltige Transformation wichtig sind, also z.B. die Energiebranche, die Agrarbranche oder die Baubranche.


Moritz Ansmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitsbereich 4.2 des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB). Er leitet dort die Vernetzungsstelle im Programm „Nachhaltig im Beruf - zukunftsorientiert ausbilden (NIB)“. Zuvor war er Mitarbeiter der Deutschen Referenzstelle für Qualitätssicherung in der beruflichen Bildung (DEQAVET). Als Soziologe hat er an der Universität Potsdam zu Fragen der Hochschulforschung und Organisationssoziologie gelehrt und geforscht.




Autor(in): Petra Schraml
Kontakt zur Redaktion
Datum: 09.02.2023
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