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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 25.02.2021:

„Der Lernkompass 2030 zeigt, was Schüler*innen benötigen, um zur Gestaltung einer wünschenswerten Zukunft aktiv beizutragen.“

Der OECD Lernkompass 2030 - ein Rahmenkonzept für das Lernen
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Bildrechte: OECD Lernkompass 2030

Der OECD Lernkompass 2030 liefert ein wichtiges Rahmenkonzept dafür, wie die Bildung der Zukunft gestaltet sein muss und welche Kompetenzen Schüler*innen brauchen, um sich für ihr persönliches und das gesellschaftliche Wohlergehen einzusetzen. Im Mittelpunkt steht die Entwicklung der eigenständigen Gestaltungs- und Handlungskompetenz, der Student Agency.


Wie muss Bildung heute sein, damit Kinder und Jugendliche vorbereitet werden auf eine ungewisse Zukunft, auf Arbeitsplätze, die es noch nicht gibt, auf gesellschaftliche Herausforderungen, die noch nicht absehbar sind, auf noch unbekannte Technologien in einer zunehmend vernetzten Welt? Und wie können alle Menschen dazu in die Lage versetzt werden, ihr persönliches und das gesellschaftliche Wohlergehen zu gestalten? - Ausgehend von diesen Fragestellungen rief der Ausschuss für Bildungspolitik der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) 2015 das Projekt „Future of Education and Skills 2030“ ins Leben, um langfristige Herausforderungen im Bildungswesen zu identifizieren.

Der OECD „Learning Compass 2030“
In einer internationalen, interdisziplinären, generationen- und organisationsübergreifenden Kooperation haben seitdem über 300 Personen aus Politik und verschiedenen sozial- und zivilgesellschaftlichen Gruppen daran gearbeitet, eine gemeinsame Sprache dafür zu finden, wie es 2030 um das Ökosystem Bildung bestellt sein soll, und ein gemeinsames Verständnis dafür zu entwickeln, welche Kompetenzen, welches Wissen, welche Skills und welche Haltungen und Werte die Lernenden von heute benötigen, um in der Welt von morgen erfolgreich zu sein und sie zu gestalten.

Daraus hervorgegangen ist der OECD „Learning Compass 2030“, den die Mitgliedsländer im Mai 2019 in Vancouver vorgestellt haben. Die Deutsche Telekom Stiftung, die Bertelsmann Stiftung, Education Y e.V., Global Goals Curriculum e.V. und die Siemens Stiftung, die als zivilgesellschaftliche deutsche Partner an der Entwicklung des Lernkompasses mitgewirkt haben, haben bis September 2020 eine deutsche Übersetzung erarbeitet.

Ein Rahmenkonzept für das Ökosystem Bildung 2030
Der OECD „Learning Compass 2030“, zu Deutsch „Lernkompass 2030“, ist ein Rahmenkonzept für das Lernen und beschreibt die Kompetenzen, die die Lernenden brauchen, um sich für ihr persönliches und das gesellschaftliche Wohlergehen (Well-Being) einzusetzen. „Wie ein Kompass, der dem oder der Reisenden zur Orientierung dient, zeigt der OECD Lernkompass 2030 das Wissen, die Skills, die Haltungen und Werte, die Schülerinnen und Schüler benötigen, um den Veränderungen in unserer Umwelt und unserem Alltag nicht passiv ausgesetzt zu sein, sondern zur Gestaltung einer wünschenswerten Zukunft aktiv beizutragen.“
Der OECD Lernkompass 2030 besteht aus sieben Elementen: der Student Agency und Co-Agency, den Transformationskompetenzen, den Lerngrundlagen, Wissen, Skills, Haltungen und Werten und dem Antizipations-, Aktions- und Reflexionszyklus (AAR-Zyklus).

Im Zentrum steht der Gedanke, dass Schüler*innen mehr Verantwortung für ihr Lernen übernehmen. Es geht darum, dass sie ihre eigenständige Gestaltungs- und Handlungskompetenz - ihre Student Agency - entdecken und entwickeln, die sie brauchen, um sich für ihr individuelles und das gesellschaftliche Wohlergehen einzusetzen. „Student Agency ist definiert als die Überzeugung, dass Schülerinnen und Schüler den Willen und die Fähigkeit haben, ihr eigenes Leben und die Welt um sie herum positiv zu beeinflussen, sowie die Kapazität, sich ein Ziel zu setzen, zu reflektieren und verantwortlich zu handeln, um Veränderungen herbeizuführen.“ Das Umfeld, die Co-Agency - interaktive, sich gegenseitig unterstützende und bereichernde Beziehungen mit Gleichaltrigen, mit Lehrkräften, Eltern und anderen - hilft ihnen dabei, ihre Student Agency zu entwickeln. Um erfolgreich zu sein, brauchen sie außerdem noch die drei Transformationskompetenzen: Schaffung neuer Werte, Ausgleich von Spannungen und Dilemmata sowie Verantwortungsübernahme.

Lerngrundlage ist Voraussetzung
Als Grundlage dafür, dass alle Schüler*innen die Student Agency und die Transformationskompetenzen erlangen, ihr Potenzial entfalten und einen verantwortlichen Beitrag zur Gesellschaft leisten können, stellt der Lernkompass 2030 die Lerngrundlagen (Core Foundations) heraus. Die internationalen Stakeholder des OECD Projekts „Future of Education and Skills 2030“ heben drei Grundlagen als besonders wichtig hervor: die kognitiven Grundlagen samt Lese-, Schreib- und Rechenfähigkeiten, auch als Basis für die Herausbildung von digitaler und datenbezogener Literalität, die gesundheitlichen Grundlagen, zu denen physische wie psychische Gesundheit und entsprechendes Wohlergehen (Well-Being) gehören, sowie die sozialen und emotionalen Grundlagen einschließlich Moral und Ethik. Erst wenn diese Lerngrundlagen gegeben sind, können sich die Student Agency und die Transformationskompetenzen voll entfalten.

Wissen, Skills sowie Haltungen und Werte
Wichtig sind daneben Wissen, Skills sowie Haltungen und Werte. Das Wissen umfasst sowohl theoretische Konzepte und Ansätze als auch ein praktisches Verstehen und differenziert vier Arten von Wissen: disziplinäres, interdisziplinäres, epistemisches und prozedurales Wissen.
Es wird im Lernkompass in enger Verbindung mit den Skills - den Fähigkeiten und dem Vermögen, Aufgaben durchzuführen sowie das eigene Wissen verantwortungsvoll zu nutzen, um ein Ziel zu erreichen - betrachtet: „Wissen und Skills sind in gegenseitiger Verstärkung miteinander verknüpft. Aus der Forschung wissen wir, dass es immer wichtiger wird, Wissen und Skills situationsbezogen erfassen, deuten und anwenden zu können. In den letzten Jahrzehnten ist uns immer klarer geworden, dass wir in einer Welt vernetzter Systeme und nicht nur autonomer Einheiten leben. Weltweit sind Bildungssysteme davon abgekommen, Fächer und Wissenskanons als Ansammlung von Fakten zu definieren, und betrachten stattdessen Fachgebiete nun als zusammenhängende Systeme.“ Es werden drei verschiedene Arten von Skills unterschieden: kognitive und metakognitive Skills, zu denen kritisches Denken, kreatives Denken, Lernen zu lernen und Selbstregulierung gehören, soziale und emotionale Skills, zu denen Empathie, Selbstwirksamkeit, Verantwortung und Zusammenarbeit zählen, sowie praktische und physische Skills, zu denen auch der Umgang mit neuen Informations- und Kommunikationstechnologien gehört. Soziale und emotionale Skills als eine Voraussetzung, Verantwortungsbewusstsein zu entwickeln, werden dabei mindestens so hoch angesehen wie kognitive Skills.
Haltungen und Werte wiederum verweisen auf die Prinzipien und Überzeugungen, die die Entscheidungen, Urteile, Verhaltensweisen und Handlungen der oder des Einzelnen auf dem Weg zu dem eigenen Wohlergehen und dem der Gesellschaft und der Umwelt beeinflussen, und stehen in engem Zusammenhang mit Wissen und Skills; sie entwickeln sich abhängig voneinander und stehen nicht in Konkurrenz zueinander.

Wegbereiter für den weiteren Dialog

Insgesamt wird der gesamte Lernprozess, der Weg zur Student Agency und damit auch zum Well-Being, zum persönlichen und gesellschaftlichen Wohlergehen, im Lernkompass 2030 als Antizipations-, Aktions- und Reflexionszyklus (AAR-Zyklus) beschrieben, in dem die Lernenden ihr Denken kontinuierlich verbessern und somit zielgerichtet und verantwortungsvoll handeln: „In der Phase der Antizipation überlegen die Lernenden, wie sich ihre heutigen Handlungen auf die Zukunft auswirken können. In der Phase der Aktion entwickeln die Schülerinnen und Schüler den Willen und die Fähigkeit, ihr Handeln auf das allgemeine Wohlergehen auszurichten. In der Phase der Reflexion verbessern die Lernenden ihr Denken und dies führt dazu, dass sie besser für ihr persönliches Wohlbefinden und das Wohlergehen der Gesellschaft und der Umwelt eintreten.“

Mit diesen zentralen Aussagen wollen die OECD Mitgliedstaaten den Diskurs über die Bildung der Zukunft -  angepasst an regionale Gegebenheiten - vorantreiben. Seine sieben Elemente fungieren dabei als Wegbereiter für den weiteren Dialog mit relevanten Akteur*innen der Bildungssysteme. Und obwohl der Lernkompass speziell für die Transformation der schulischen Bildung - von der einseitigen Wissensvermittlung zum Erwerb von zukunftsnotwendigen Werten, Haltungen und Kompetenzen - verfasst worden ist, so ist er doch auch für jede andere Lebensphase, also für lebenslanges persönliches Lernen und Fortbildungen in Unternehmen oder anderen Organisationen anwendbar.




Autor(in): Petra Schraml
Kontakt zur Redaktion
Datum: 25.02.2021
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